Donnerstag, 17. November 2011

Opferfest

Saba el chir meine Liebsten,
heute schaff´ich es endlich euch tausende vergangene Erlebnisse mitzuteilen. Geplant für heute abend war eigentlich was ganz anderes. Ich wollte mit Janna (FSJlerin von der Europaschule und Wüstenbegleitung) mit dem Zug nach Alexandria fahren, um dort eine weitere Wüstenbegleiterin zu besuchen und ihren 30. Geburtstag zu feiern, aber der  furchtbare Verkehr in Kairo hat es verhindert. Ich habe den Zug verpasst! :-( Also kein Geburtstag und kein Alexandria.
Soooooo womit fange ich an. Opferfest? Wüstentour? Erster Regen in Kairo? Hmmmmm….. am besten in dieser Reihenfolge….




Also Opferfest ….. schwer zu erklären und es ist als Europäer auch schwer nachzuempfinden was hier so abgeht. Kurze Einführung: Das Opferfest, eid al-adha, ist das höchste islamische Fest. Es wird dem Propheten Ibrahim gedacht, der die göttliche Probe bestanden hat und bereit war seinen Sohn zu opfern. (Kennt man auch aus der Bibel) Als Allah Ibrahims Gottvertrauen sah, ließ er die Opferung seines Sohnes doch nicht zu. Ibrahim schlachtete daraufhin einen Widder. Es ist für jeden Moslem/jede muslimische Familie Pflicht an den Opfertagen ein Tier zu schlachten. 
Wir hatten eine Woche Ferien zum Opferfest. Schon in der Schule haben sich die Kinder im didaktisch wertvollen *hust* Arabisch- und Religionsunterricht mit dem Thema Opferfest beschäftigt. Die Kinder haben auf eine Schafvorlage Watte geklebt und die Watte dann mit braunen und roten Streifen mit Wasserfarbe bemalt. Das sollte wohl das Opfertier darstellen, welches demnächst geschlachtet wird oder schon halb geschlachtet wurde. Wunderbar auf die Lebenswelt der Kinder zurückgegriffen und diesen Akt der Schlachtung didaktisch reduziert mit den Kindern aufgearbeitet. ;-) Ein Traum!
Die Straßen in Kairo…… Überall lagen und standen Schafe, Rinder und Ziegen an Straßenrändern, in kleinen Cafés, mitten auf der Straße, auf Gehwegen, … in kleinen Pferchen zusammen. Riesige Bullen lagen angebunden auf Gehwegen direkt vor Schlachtereien und kauten mit größter Gelassenheit an kleinen Grashalmen herum. Aus tausenden Kofferräumen hörte man das Mähen von Schafen. Der gemeine Ägypter transportiert tatsächlich sein Opfertier, ein Schaf, im Kofferraum zur Schlachterei. Es stank in Kairo wie auf einem Bauernhof. Wirklich überall waren Tiere!!!! Kleine Cafés, so Garagencafés, wurden umgebaut zu Schafställen. Es lag ein wenig Streu auf dem Boden und die Menschen konnten in direkter Umgebung der Schafe auf Bierbänken ihren Tee genießen und entweder bei der rituellen Schlachtung zuschauen oder selbst Hand anlegen. Da diese rituelle Schlachtung ja so heilig ist, durften auch teilweise schon Kinder aus unserer Schule Hand anlegen und dem Schaf den Hals durchschneiden. Einige Kinder aus der Klasse meiner Mitbewohnerin haben den ganzen Spaß unter Ermangelung an deutschen Vokabeln ganz spontan als Rollenspiel vorgespielt. Das war wohl extrem lustig. Also weiter von meinen Erlebnissen auf Kairos Straßen …. Hier und da lag dann auch mal ein röchelnder und zuckender Stier am Straßenrand aus dessen Schnitte am Hals Blut in Fontänen auf die Straße spritzte. Die Straßen waren aufgrund des vielen Blutes an einigen Stellen nur mit Gummistiefel passierbar. Bäääääähhhhh ekelig!!!!!!
 Demnächst (Ende November) sind hier ja die ersten Wahlen. Da das Opferfest in den Wahlkampf fiel, wurde es natürlich direkt mal genutzt um Werbung für die eigene Partei zu machen. Die überaus sympathische Moslembruderschaft hat mehrere Stiere, Schafe und Ziegen vor einer großen Moschee geschlachtet und das Fleisch an die armen Menschen verteilt. Da gabs keine Kugelschreiber, bei dem großen Anteil an Analphabeten auch ein wenig sakastisch, keine Rosen oder sonst irgendwelchen 0-8-15-Kram, nein frisches Fleisch!!!! Die Menschen sind natürlich begeistert und wollen diese scheiß Moslembruderschaft wählen. Insgesamt sehen die Wahlplakate hier sehr befremdlich, sogar angsteinflößend aus. Ich muss mal ein paar fotographieren. Die abgebildeten Politiker gleichen eher Terroristen als seriösen Politiker. Naja, anderes Thema.
Insgesamt hat mich das Opferfest sehr geschockt aber auch sehr fasziniert. Überall diese Tierleichen an Haken zum Ausbluten, die lebenden Schafe, Ziegen und Rinder in unmittelbarer Nähe, welche ganz relaxt zwischen tausenden hupenden Autos ihre Henkersmahlzeit verzehren, das ganze Blut, der Gestank von Bauernhof, die kitschige Beleuchtung, blutige Handabdrücke an Autoscheiben, Hausfassaden und auf der Kleidung der Menschen ….. Echt einfach krass! So ganz anders! Unbeschreiblich! Ekelig und doch faszinierend.
Eigentlich ist das Ganze sogar richtig nachhaltig bzw. „BIO“. Die Tiere sind sehr mager, also wurden sie wohl nicht so gemästet und mit Medikamenten voll gepumpt wie in Deutschland, der Käufer sucht sich sein Tier selbst aus bzw. weiß an dem zur Schau gestellten Kopf welches Tier er isst, die Transportwege sind kürzer und die Schlachtung erfolgt ganz transparent auf der Straße ;-)
http://www.tagesschau.de/ausland/aegypten900.html
Leider müssen die Themen „Wüstentour“ und „Erster Regen in Kairo“ noch ein wenig warten. Ich habe jetzt keine Zeit mehr!
Knutschis!

Sonntag, 6. November 2011

family in Kairo


Sabal chir, meine Lieben!

Jetzt gibt’s mal wieder einen echten Post ohne dass ich Täts und Tinsens Lebensgewohnheiten verarsche. ;-)

Kurze Zusammenfassung von der Woche mit meinen Eltern und Lisa:
Ankunft nachts um 2 Uhr
1.Tag:    Frühstück in unserer Wohnung
Besichtigungstour auf Zamalek (Nilinsel mit Botschaften, unserem Sportclub, teuren Hotels und Häusern von reicheren Ägyptern)
-          Cairotower
-          Sportclub
-          Abends essen in nem richtig schönem Restaurant und danach Shisha rauchen im Garten vom Mariott-Hotel
2. Tag: absolutes hard core Touriprogramm
                - 7 Uhr aufstehen
                - Pyramiden von Gizeh
                - Pyramide von Sakara und Besichtigung einer Grabkammer
                - Zitadelle mit zwei wunderschönen Moscheen
                - Basar Khan el Khalili
                - abends essen bei der Familie der Bekannten von meiner Mama
3. Tag:   Abreise nach Ain Sukhna
- morgens frühstücken auf Zamalek im Sofitel (mega schönes Hotel direkt am Nil; Frühstück unter Palmen)
- Mama wurde beklaut (zum Glück nur Taschentücher)
- danach sind Lisa, Papa und Mama von einem Taxifahrer nach Ain Sukhna ans Rote Meer gebracht worden und ich hab mich auf die Schule vorbereitet
4./5. Tag ich musste zur Schule und die family war in Ain Sukhna
                Am 5. Tag bin ich abends hinter her gefahren
6./7. Tag relaxen am Meer oder wahlweise am Pool in Ain SuKhna
                Abends zurück nach Kairo
8. Tag    Al Ahzar Park
                Felukkenfahrt (Fahrt mit einem Segelboot über den Nil)
                Abends: family fliegt zurück nach Deutschland

Insgesamt war die Woche schön und wir sind uns auch gar nicht mal so sehr auf die Nerven gegangen. Die Pyramiden von Gizeh sind wirklich faszinierend. So riesig und so mystisch. Leider laufen natürlich tausende Touristenfänger rum. Und obwohl wir vorher gewarnt wurden, ist Papa dennoch auf deren Tricks reingefallen. Ein Mann im Beduinenlook hat ihm sein völlig verschwitztes Kopftuch aufgesetzt, wir sollten ein Foto machen und dafür hat er dann Geld kassiert. Lisa und ich hatten unseren Spaß. Ein wenig später hat uns wieder ein Kameltreiber angesprochen, ob wir nicht Fotos mit seinem Kamel machen wollen. Ich hatte vorher im Reiseführer noch gelesen, dass die Kameltreiber den Touris anbieten sich auf das liegende Kamel zu setzen um ein foto zu machen. Sobald man dann aber darauf sitzt, scheuchen sie das Kamel hoch und man muss sehr sehr viel Geld bezahlen, um wieder runter zu kommen. Natürlich hat der Typ dann tausendmal zu Lisa gesagt „Nur sitzen, nicht reiten, nur sitzen….“ , aber Lisa wollte nicht sitzen ;-)
In der ganzen Woche wurde wir schätzungsweise drei Millionen mal fotografiert. Eine blonde familie ist anscheinend etwas ganz besonderes für den gemeinen Ägypter und Papa wurden mehrmals Kamele für mich oder Lisa angeboten. Ich dachte bevor ich nach Ägypten kam, dass das ein Vorurteil über die Ägypter sei, aber leider ist dem nicht so. In Ain Sukhna wurden wir den ganzen Tag nur angestarrt, weil wir in nem Hotel für Ägypter waren (Touris aus Deutschland fahren eher nach Sharm el Sheik, Hurgada etc. … dort gibt es nämlich ein Riff; die Hotels in Ain Sukhna sind eher für die in Kairo lebende Bevölkerung, die ihr Wochenende dort verbringen, weil es so nah an Kairo liegt). 
Mama, Lisa und ich waren die einzigen Frauen, die im Bikini schwimmen gegangen sind. Alle anderen Frauen entweder gar nicht oder verschleiert mit einem Burkini (Burka + Bikini; kompletter Schwimmanzug mit Kopfbedeckung). Diese Burkinis müsst ihr euch mal bei google-Bilder anschauen. Echt verrückt!

Sooooo das wars im Groben zur Woche mit der family! Ein paar Fotos habt ihr ja schon im facebook und in meinem letzten post gesehen, deshalb gibt’s hier keine neuen.

Grad habe ich Ferien. Gleich fahre ich nochmal für einen Tag nach Ain Sukhna und übermorgen geht’s für vier Tage in die Wüste. Dazu gibt’s dann nochmal einen extra Post!

Knutscha!!!